Prototyping Interfaces – Interaktives Skizzieren mit vvvv
Seit einiger Zeit steht ein weiteres Buch aus dem Hermann Schmidt Verlag in unserem Regal – Prototyping Interfaces – Interaktives Skizzieren mit vvvv. Das Buch, das aus einer Abschlussarbeit entstand, beinhaltet Anleitungen und Praxisbeispiele, um Gestaltern die Möglichkeiten des Physical Computing zu eröffnen. Wir haben mit den Autoren über die Entstehung des Buches gesprochen.
Das Ergebnis des Designprozesses ist heute nicht mehr nur ein statischer Gegenstand. Wir gestalten Interaktionen – Dinge, die sich verhalten und die dem Nutzer oft physische Aktionen abverlangen. Für uns Designer bedeutet dies, das wir uns auf einen neuen Gestaltungsprozess einlassen müssen, dessen zentrales Werkzeug das iterative Austesten mittels Prototypen und interaktiven Skizzen sind. Das Buch Prototyping Interfaces bietet Beispiele und code snippets (auf prototypinginterfaces.com) für die wichtigsten Interaktionen wie z.B. Tracking-Verfahren und den Einsatz von Sensoren.
Prototyping Interfaces ist aber auch ein Appell: Designer sollen stärker auch die (Aus)gestaltung der Funktionalität übernehmen und dies nicht der IT überlassen.
Am letzten Mittwoch war Mark Lukas – einer der Ko-Autoren von Prototyping Interfaces – zu Gast bei think moto und hat bei uns über die Hintergründe, die Entstehung des Buches und Prototyping in der Praxis gesprochen. Am Beispiel der kinetischen Skulptur von ART+COM für BMW verdeutlichte er auch die Relevanz des hardware prototyping für die Kommunikation mit dem Kunden: ART+COM zeigte dem Auftraggeber parallel zur Software-Simulation einen physischen Protoypen mit 25 Kugeln. So konnte der Kunde im selben Moment den Effekt im realen Raum betrachten und die Dramaturgie der vollständigen Simulation am Bildschirm sehen. Der Prototyp wurde hierbei zum unerlässlichen Kommunikationswerkzeug.
Wir finden Prototyping Interfaces ist ein wichtiges Buch für Interaktionsgestalter, Medienkünstler oder Designstudenten – kurz für alle, die sich mit interaktiven Objekten auseinandersetzen.
Wir haben mit den fünf Autoren über ihre Motivation und die Hintergründe zum Buch zu gesprochen. Hier findet ihr das gesamte Interview:
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Angela / think moto: Woher kam die Idee zum Buch?
Roman: Die Idee zum Buch ist in unserer Bachelorzeit entstanden. Prototyping hat uns schon immer begeistert und schon während unseres Studiums haben wir immer wieder gemerkt, wie wertvoll es sein kann, seine Ideen lebendig werden zu lassen. Genau dieses Gefühl wollten wir weitergeben und auch für uns wollten wir das Thema vertiefen und in einer anschaulichen Form zusammenfassen.
Jochen: Wir erzielen eindrucksvolle Ergebnisse, wenn wir mit Technologien, wie vvvv, Arduino, Kameras, Sensoren und Aktoren hantieren. Das Wissen, das über viele verschiedene Quellen verstreut ist, wollten wir bündeln um dadurch den Einstieg in dieses Thema zu erleichtern.
Markus: In unseren bisherigen studentischen und kommerziellen Projekten haben wir das Prototyping oft angewendet und waren schnell von dessen Potenzial überzeugt. In einem interdisziplinären Team suchten wir nach einer Lösung, wie das Prototyping im Interfacedesign für jedermann verständlich und praktisch näher gebracht werden kann.
Angela/thinkmoto: Wie ist das Buch entstanden?
Jan: Die erste Fassung des Buches war unsere Bachelorarbeit. Ein Semester lang haben wir Inhalte entwickelt und ein Konzept entworfen, wie das Thema am besten weitergegeben und kommuniziert werden kann und natürlich viele Prototypen mit den unterschiedlichsten Technologien entwickelt. Nach dem Abschluss haben wir aufgrund des sehr guten Feedbacks begonnen, einen Verlag zu suchen, der mit uns zusammen das Buch letztendlich auf den Markt bringen könnte. So haben wir Frau und Herrn Schmidt-Friderichs vom Verlag Hermann Schmidt Mainz kennengelernt und Sie von unserer Idee überzeugen können.
Mark: Hermann Schmidt Bücher entstehen in enger Zusammenarbeit mit den Autoren, was gerade die Qualität enorm steigert. Später konnten wir uns noch Unterstützung ins Team holen – Jochen Leinberger, der mehrere Jahre bei Meso gearbeitet hat und die Idee des Buchs letztendlich mit uns teilen wollte.
Die Struktur, Didaktik, Aufmachung und das Konzept haben sich deutlich weiterentwickelt und somit auch die Qualität jeder einzelnen Seite steigern lassen. Wir haben uns oft auch an den Wochenenden für Workshops getroffen, am Inhalt gefeilt und jede Woche einen Jour Fix zum Abgleich der Aufgaben jedes Teammitglieds einberufen. Letztendlich hat dies auch nur so funktionieren können, da die Kommunikationswege doch sehr weit waren und immer noch sind.
Markus: Wir sind sehr stolz, nicht aufgegeben zu haben, sondern immer mit Energie an das fertige Buch geglaubt haben, nach 1,5 Jahren ist es nicht immer ganz so einfach, doch das Ergebnis stimmt uns aber letzten Endes zufrieden und war die ganze Arbeit auch wert. Das Buch selbst verstanden wir als Prototypen, den wir in einem iterativen Prozess weiterentwickelt und optimiert haben – bis zum Druck.
Angela/thinkmoto: An welchen Projekten arbeitet ihr jetzt, nachdem das Buch fertig ist?
Roman: Erstmal wollen wir die Idee hinter unserem Buch kommunizieren. Wir planen Workshops und die Teilnahme bei öffentlichen Design-Plattformen, bei welchen wir mehr Details zu diesem Projekt preisgeben können.
Beruflich arbeitet Jan bei Ziba in Portland, Markus studiert in Vancouver, Jochen ist bei der Telekom T-Gallery in Köln, Mark studiert in Potsdam ich arbeite bei Intuitiy Media Lab in Stuttgart.
Angela/thinkmoto: Habt ihr ein vvvv Projekt, welches ihr besonders mögt und gerne in eurem Buch gehabt hättet?
Jan: Es gibt eine Reihe toller Projekte, die mit vvvv umgesetzt wurden. Bei der Auswahl der Beispielprojekte standen jedoch mehr Projekte im Vordergrund, die die behandelten Technologien spannend repräsentieren. Der kreative Umgang mit Technologien steht bei uns im Vordergrund. vvvv, Arduino, Sensoren und Trackingtechnologien sind bei uns das Toolset, um unsere Ideen zu skizzieren und Menschen von Ideen zu begeistern. Genau das zeigen auch die Beispiele im Buch.
Angela/thinkmoto: Würdet ihr das Projekt nochmals machen bzw. das Buch schreiben?
Mark: Sicherlich, da wäre bestimmt jeder aus dem Team dabei, jetzt würden wir aber vieles anders angehen und anders organisieren. Dennoch war die Zeit auch sehr schön, auch wenn Sie manchmal sehr fordernd war.
Jochen: In so einem Team macht es wirklich Spaß zu arbeiten – alle sind von einem Thema begeistert und wollen mitwirken… Zwischen uns hat sich auch eine eigene Kultur entwickelt, die man auch gerne weiterhin pflegen will.
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Links:
Prototyping Interfaces Starter Kit